Multikinematikgreifer

Flexible Handhabung formstabiler und biegeschlaffer Textilien …
Bei der Produktion von CFK-Flugzeug-Leichtbauteilen werden häufig viele verschieden große und unterschiedlich geformte textile Halbzeuge benötigt – insgesamt aber in vergleichsweise geringer Stückzahl. Für Automatisierungssysteme stellt dies eine große Herausforderung dar – schließlich muss sich das System an ständig ändernde Anforderungen anpassen können. Der Multikinematik-Greifer des Zentrums für Leichtbauchproduktionstechnologie (ZLP), Augsburg stellt hierbei einen innovativen Lösungsansatz dar. Der Greifer wird an einem großen Industrieroboter (idealerwiese einer Portalkinematik) befestigt und kann somit auch an großen Bauteilen wie Druckkalotten oder Flugzeugschalen eingesetzt werden. Durch die drei kleinen Roboterarme – jeder mit jeweils mindestens sechs Freiheitsgraden – wird die notwendige Anpassbarkeit an die jeweilige Aufgabe erreicht.

… zum Beispiel beim Vakuumaufbau
Der Vakuumaufbau einer Druckkalotte kann mit Hilfe von vorkonfektionierten Hilfsstoffpaketen vereinfacht und beschleunigt werden. Es werden dabei drei unterschiedliche Klassen von Paketen benötigt: Zwei schmale, streifenförmige Pakete sowie ein deutlich größeres, dreieckförmiges Paket. Durch die Flexibilität des Multikinematik-Greifers ist es dennoch möglich, alle Pakete mit nur einem Greifersystem zu handhaben – obwohl die Pakete auch noch innerhalb einer Klasse deutliche Größenunterschiede aufweisen – kein Paket gleicht dem anderen. Zusätzlich zu den biegeschlaffen Hilfsstoffpakten ist es mit diesem Greifer auch möglich, formstabile Versteifungselemente, wie beispielsweise Stringer zu greifen und auf dem Carbonfaser-Preform zu positionieren. Die im Leichtbauroboter (KUKA LBR iiwa) integrierte Kraft-Momenten-Sensorik ermöglich darüber hinaus auch „fühlende“ Aufgaben. So ist es zum Beispiel möglich, die Vakuum-Hilfsstoffe mit einer wohldefinierten Kraft in die Radien der Stringer zu drücken. Dadurch kann die Gefahr von Lufteinschlüssen während der späteren Infusion reduziert werden.

Steuerung
Durch miteinander kombinierte Robotersysteme entstehen kinematische Ketten mit einer Länge von 12 bis 13 Freiheitsgraden. Um diese komplexen (und nicht mehr eindeutig lösbaren) Ketten steuern zu können, wurde ein Optimierungssystem basierend auf genetischen Algorithmen entwickelt, das Anhand verschiedener Parameter eine möglichst optimale Position des Greifsystems ermittelt, bei dem die Flexibilität der kleinen Roboterarme voll zum Tragen kommen kann.

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

Institut für Bauweisen und Strukturtechnologie

Dr. Michael Vistein · E-Mail: michael.vistein@dlr.de · DLR.de